Es gibt im leben so Tage, da fühlt sich alles ein bisserl verlangsamt an. Nicht unbedingt traurig, nicht wirklich schlimm, aber eben ruhig. Genau so ein Tag war heute. Ich sitz im 21. Stock vom AKH in Wien, schau durch die großen Fenster raus und frag mich, wie’s da unten wohl grad ausschaut, mitten im Gewusel der Stadt, während bei uns grad alles ein bissl stillsteht.
Mein Bruder bekommt er seine Gallenblase raus. Keine große Sache, sagen die Ärzte. Routineeingriff. Trotzdem, es ist eine Operation. Da hilft mir das Wort „Routine“ auch nicht wirklich weiter, ehrlich gesagt. Ich versuch, ruhig zu bleiben, lächle ihn an, klopf ihm auf die Schulter und sag Dinge wie „des geht sicher alles gut“. Und natürlich glaub ich das auch. Aber ja, ein kleines Ziehen im Bauch ist trotzdem da.

Das Bild hab ich aus einem Aufenthaltsraum gemacht. Die Aussicht ist echt beeindruckend. Wien breitet sich aus wie ein Puzzle. Der Donauturm schaut zwischen den Wolken hervor, und ganz hinten sieht man die Donau schimmern. Es ist bewölkt, aber nicht grau. Eher dramatisch schön. Man hat das Gefühl, als ob die Stadt sagen will: „Hey, es geht weiter, immer weiter.“

Hier ist das Zimmer, in dem mein Bruder untergebracht ist. Zwei Betten, grüner Boden, weiße Wände, ein Nachttisch mit einem Pappbecher Kaffee und einer Fernbedienung fürs Bett. So schaut also der Alltag im Krankenhaus aus. Mein Bruder ist guter Dinge, schaut sogar fern und lacht über irgendeine blöde Serie. Das beruhigt mich. Wenn man noch über seichten Humor lachen kann, ist die Welt nicht ganz aus den Fugen.
Wir haben heut lang geredet, so wie früher, als wir noch Kinder waren. Irgendwas an Spitälern bringt Leute dazu, sich Dinge zu sagen, die sonst nie ausgesprochen werden. Vielleicht weil man merkt, wie verletzlich alles ist. Vielleicht weil man eh nix anderes zu tun hat.
Ich bleib heute noch ein bisschen. Schau wieder raus, trink den Rest vom Automatenkaffee, der ehrlich gesagt grauslich ist, und hoff, dass morgen alles gut geht. Und falls nicht, dann wird’s halt trotzdem irgendwie weitergehen.